Klimafreundlich essen – Speiseplan für eine nachhaltige Ernährung

16.07.2020 | Wissen rund um gesunde Ernährung

Ernährung nachhaltig und fair

Klimawandel und Umweltzerstörung sind vielerorts spürbar: Dürren, Ernteausfälle, steigende Meeresspiegel, Artensterben, Wasserknappheit und verpestete Böden sind längst weltweit beobachtete Phänomene. Hinzu kommen etwa 820 Millionen hungernde Menschen und Ernährungsstile, die vielerorts für Erkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich sind.

Um alle Menschen dieser Erde bis zum Jahr 2050 gesund und umweltverträglich zu ernähren, ist eine grundlegende Veränderung der globalen Ernährungsweise notwendig. Wie das gehen soll, zeigt ein Bericht der Eat Lancet Kommission. Die Kommission besteht aus einem interdisziplinären Zusammenschluss von 37 Wissenschaftlern aus 16 Ländern und unterschiedlichen Forschungsbereichen. Ihr Ziel war es, eine wissenschaftliche Grundlage für eine gesunde Ernährung und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion zu schaffen. Ihr Ergebnis: Nur mit einer Umstellung auf nachhaltige Ernährungssysteme lassen sich Klimaziele und ein globaler Umweltschutz dauerhaft erreichen.

Die Planetary Healt Diet beinhaltet einen sehr konkreten Speiseplan, der die ernährungsphysiologischen Anforderungen erfüllt, dabei hilft ernährungsbedingte Krankheiten vorzubeugen und zugleich die natürlichen Grenzen der nötigen Ressourcen berücksichtigt.

Gesunde und nachhaltige Ernährung: ein Speiseplan für den Klimaschutz

Im Vordergrund steht eine Vielzahl an pflanzlichen Lebensmitteln. Das heißt reichlich Gemüse, Obst und vorwiegend Vollkornprodukte, ergänzt um geringe Mengen tierischer Lebensmittel. Für jedes Lebensmittel haben die Autoren eine empfehlenswerte Menge berechnet (Tabelle). Für die meisten Nahrungsmittel geben sie eine Spannbreite an, um individuelle Vorlieben sowie traditionelle Gewohnheiten zu berücksichtigen.

Weltweit betrachtet müsste der Verzehr von Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen ungefähr verdoppelt, der Verzehr von rotem Fleisch und Zucker dagegen halbiert werden. Der derzeitige mittlere Fleischkonsum des deutschen Durchschnittsessers liegt bei 160-170 Gramm pro Kopf und Tag. Laut den Autoren dürfte davon nur noch ein Viertel verzehrt werden.

Umstellung auf eine nachhaltige Lebensmittelproduktion

Die Wissenschaftler schätzen, dass ihre Empfehlungen weltweit ungefähr elf Millionen Todesfälle pro Jahr durch ernährungs(mit)bedingte Erkrankungen verhindern könnten. Gleichzeitig würden zum Beispiel mehr Hülsenfrüchte und ein verminderter Fleischkonsum weniger Fläche für die Erzeugung beanspruchen. Denn neben der Veränderung auf unseren Tellern betrifft die zweitwichtigste Maßnahme die Produktion der Lebensmittel. Ziel ist es, die ertragsorientierte Landwirtschaft grundlegend zu verändern. Die Autoren fordern daher bis 2050 eine Umstellung auf eine nachhaltige Lebensmittelproduktion.

Eine zukunftsfähige Lebensmittelproduktion darf laut Eat Lancet Kommission keine zusätzlichen Flächen nutzen, keine Klimagase freisetzen, muss verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser umgehen und Belastungen durch Düngemittel erheblich reduzieren. Welche Grenzen hier einzuhalten sind, haben die Wissenschaftler genau berechnet. Sie machen jedoch auch deutlich, dass ihre Modelle ständig aktualisiert und angepasst werden müssen.

Eine weitere Stellschraube, an der jeder einzelne von uns drehen kann, ist die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Eine Verminderung um mindestens die Hälfte hilft, wertvolle Rohstoffe zu schützen.

Nachhaltige Ernährungssysteme – von allen Seiten ist Umdenken gefragt

Veränderungen müssen auf allen Ebenen stattfinden. Verbraucher, Produzenten, Händler und Politiker müssen sich in den Wandel einbringen. Neben Werbung, Transparenz und Ernährungsbildung ist es wichtig, dass gesunde Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion auch vermehrt in den Regalen zu finden und für alle Verbraucher erschwinglich sind.

Die globale Agrarpolitik muss außerdem Anreize für Landwirte schaffen, vielfältige und nährstoffreiche Feldfrüchte zu erzeugen. Denn das alleinige Streben nach hohen Erträgen heizt Klima- und Umweltprobleme weiter an. Ökosysteme müssen unter Schutz gestellt, Waldrodungen verboten und umweltschädigende Praxen abgeschafft werden.

Alltagstauglichkeit der Planetary Health Diet

Gesunde Referenzdiäten bestehen in der Regel aus einem hohen Anteil von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Ölen. Der Klima-Speiseplan stellt damit keine grundlegende Umwälzung moderner Ernährungsregeln dar. Allerdings kommt der deutsche Durchschnittsesser diesen Empfehlungen alles andere als nahe. Auch in anderen Nationen sind die derzeit üblichen Essgewohnheiten weit von den Empfehlungen entfernt. Daher müssen viele Menschen ihr Verhalten erheblich verändern, um einen Beitrag zum Klima- und Gesundheitsschutz zu leisten.

Kritiker sehen die Umsetzung der Empfehlungen teilweise problematisch an. Beispielsweise liegt der Verzehr von rotem Fleisch in Nordamerika fast um das 6,5-fache über den Empfehlungen. In afrikanischen Ländern werden siebenmal mehr stärkereiche Lebensmittel gegessen als empfohlen. Es ist fraglich, ob Menschen ihre Gewohnheiten so radikal ändern können. Der Speiseplan der Zukunft stellt daher lediglich eine grobe Orientierung für eine gesunde und umweltverträgliche Ernährung dar. Jeder kann ihn nach individuellen Ernährungsgewohnheiten, kulturellen oder religiösen Gepflogenheiten und verfügbarem Angebot ausgestalten.

Ein altbekanntes Konzept für eine gesunde und nachhaltige Ernährung

Die Forderungen und Vorstellungen einer gesunden Ernährung nach dem Konzept der Planetary Health Diet erinnern stark an die Empfehlungen der Vollwert-Ernährung. Neben gesundheitlichen Aspekten stehen auch hier ökologische und sozioökonomische Belange im Vordergrund.

Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse und Obst, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Nüsse sind auch in der Vollwert-Ernährung die Pfeiler. Milch und Milchprodukte und geringe Mengen an Fleisch, Fisch und Eiern können enthalten sein, müssen es aber nicht. Regionale und saisonale Lebensmittel aus ökologischem Anbau und fair gehandelte Produkte gehören zur Konzeption dazu.

Erreichbare Ziele?

Die Experten zeigen, dass ein Wandel machbar ist. Ein verändertes Ernährungssystem kann bis zum Jahr 2050 nahezu 10 Milliarden Menschen auf der Erde gesund ernähren, ohne den Planeten zu zerstören. Der Bericht zeigt auf Basis wissenschaftlicher Berechnungen, wie gesunde und nachhaltige Ernährung inklusive einer ökologischen Lebensmittelproduktion global umsetzbar ist. Diese Transformation ist nur durch große Veränderungen erreichbar.

Dazu müssen vor allem die Akteure in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft die richtigen Weichen stellen. Aber auch die Verbraucher können mit kleinen Veränderungen Teil der Lösung werden. Denn am Ende profitieren wir alle von einer zukunftsfördernden und nachhaltigeren Ernährung.

Täglich empfohlene Lebensmittelmengen nach Planetary Health Diet

LebensmittelEmpfohlene Menge pro Tag in Gramm
Vollkornprodukte232
Gemüse (Paprika, Gurke etc.)300 (200-600)
Obst200 (100-300)
Rind-, Lamm- oder Schweinefleisch14 (0-28)
Geflügel29 (0-58)
Eier13 (0-25)
Fisch28 (0-100)
Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Sojaprodukte, Erdnüsse)100 (0-225)
Nüsse25
Milchprodukte (Vollmilch oder Derivate)250 (0-500)
Zucker31 (0-31)

REZEPTE

Schwarzer Bohnensalat

für 4 Personen

Einweichzeit: ca. 8 Stunden

Zubereitungszeit: ca. 90 Minuten

Zutaten:

200 g schwarze Bohnen

600 ml Wasser

80 g rote Zwiebeln

400 g Tomaten

80 g schwarze Oliven

3 El Kräuter, Majoran, Oregano, Thymian, frisch gehackt

für die Soße:

3 El Olivenöl, nativ

3 El Aceto Balsamico

3 El Gemüsebrühe

1 Tl Senf

2-3 Msp. Meersalz

1 Pr. Pfeffer

1 Msp. Paprikapulver

Zubereitung:

Bohnen in Wasser über Nacht ca. 8 Stunden einweichen. Am nächsten Tag in dem Einweichwasser ca. 1 Stunden köcheln lassen, bis sie weich sind. Für die Sauce Distelöl, Balsamessig, Gemüsebrühe und Senf kräftig schlagen und mit Salz, Pfeffer und Paprika abschmecken. Noch warme Bohnen mit der Sauce und den Kräutern vermischen, abschmecken und abkühlen lassen. Tomaten würfeln und mit den Oliven zu den abgekühlten Bohnen geben.

Tipp: Schwarze Bohnen gibt es teilweise in Naturkostläden oder asiatischen Geschäften. Der Salat schmeckt auch mit getrockneten weißen Bohnen gut.

Tunesischer Getreidesalat Tabbouleh

Für 6-8 Portionen

Einweichzeit: ca. 2 Stunden

Zubereitungszeit: ca. 30 Minuten

Zutaten:

250 g Couscous

250 ml Wasser

3 Zitronen, ausgepresst

600 g Tomaten

300 g Gurke

50 g Schalotten

1 Bd. glatte Petersilie

½ Bd. Minze

4 El Olivenöl, nativ und kaltgepresst

Salz, Pfeffer

50 g schwarze Oliven in Öl

Zubereitung

Couscous mit Wasser und Zitronensaft verrühren und mindestens 2 Stunden quellen lassen. Tomaten und Gurke in kleine Würfel schneiden und Schalotten fein hacken. Petersilie und Minze grob hacken und alles unter den gequollenen Couscous mengen. Salat mit Olivenöl, Salz und Pfeffer würzen und eventuell noch etwas Zitronensaft zugeben. Einige Minuten ziehen lassen. Mit schwarzen Oliven garniert servieren.

Tipp: Besonders aromatisch schmeckt der Salat, wenn er 2-3 Stunden durchgezogen ist.

Nüsse und Saaten – Kernige Nährstoffpakete

Wegen ihres hohen Fettgehalts gelten sie als Dickmacher – zu Unrecht. Vielmehr liefern Nüsse und Ölsaaten viele gesunde Inhaltsstoffe und können sogar zu einer besseren Gewichtsreduktion beitragen.

Kohlenhydrate – von guten und schlechten

Klassische Kohlenhydratlieferanten wie Kartoffeln, Getreide und daraus hergestellte Produkte wie Brot, Reis und Nudeln kennt jeder. Dabei stecken sie auch in Obst, Hülsenfrüchten, Milchprodukten, Gemüse und erst recht in gezuckerten Limonaden, Süßigkeiten und Fertiggerichten. Doch Kohlenhydrat ist nicht gleich Kohlenhydrat – ein genauerer Blick lohnt sich.

Antientzündlich essen

Ungünstige Essgewohnheiten, chronischer Stress und eine ungesunde Lebensweise können unterschwellige Entzündungen im Körper auslösen und entzündliche Krankheiten wie Gicht, Rheuma oder Arteriosklerose befeuern. Mit den richtigen Lebensmitteln und einem gesunden Lebensstil lassen sich Entzündungen jedoch vermindern oder ganz vermeiden.

Sekundäre Pflanzenstoffe – pflanzlich gesund essen

Das Gemüse und Obst gut für die Gesundheit sind, weiß eigentlich jeder. Doch woran liegt das? Neben Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen enthalten sie zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe, die positive Wirkungen auf den Körper ausüben und Krankheiten vorbeugen.