Glutenfrei essen – die Vorteile und wie sich das verwirklichen lässt
Der Name Gluten steht in letzter Zeit häufig in Verbindung mit Meldungen über Unverträglichkeiten und gesundheitsgefährdende Effekte: Grund genug, sich einmal genauer mit diesem Inhaltsstoff von vielen Lebensmitteln zu beschäftigen. Zunächst einmal bezeichnet Gluten im Grunde genommen ein Gemisch aus Proteinen, Lipiden (Fetten) und Kohlenhydraten. In dem Moment, in dem Wasser zum Mehl gegeben wird, sorgt es beim Anteigen dafür, dass eine gummiartige und elastische Masse entsteht – der Teig. Dieser Effekt wird auf die irreversible Ausbildung einer dreidimensionalen Struktur der Proteine zurückgeführt. Grundsätzlich handelt es sich also hier um ein Naturprodukt, dessen Vorkommen ganz normal ist. Für das Backen ist Gluten sogar außerordentlich wichtig, denn das oftmals auch als Klebereiweiß bezeichnete Gemisch verbessert die Backeigenschaften des Mehls. In der Natur wiederum soll das Speicherprotein vor Fressfeinden schützen, indem es deren Verdauung hemmt. Diese Funktion liefert bereits erste Hinweise darauf, warum das Klebereiweiß ungünstig für den Menschen sein könnte. Streng genommen ist Gluten lediglich das Speicherprotein für Weizenprodukte, im Hafer heißt es beispielsweise Avenin. Dennoch bezeichnen selbst Experten auch diese Speicherproteine mit fast identischen Eigenschaften in öffentlichen Diskussionen als Gluten, um keine Verwirrung zu stiften.
Übersicht: Diese Lebensmittel enthalten den Kleber und sind nicht glutenfrei
Diese Lebensmittel weisen einen gewissen Anteil des Speicherproteins auf:
- Weizen
- Dinkel
- Roggen
- Gerste
- Hafer
- Grünkern
- Einkorn
- Emmer
Immer mehr Weizenkleber in Brot und den industriellen Rezepten
Noch bis in das 18. Jahrhundert hinein, also vor der Industrialisierung, waren die Menschen stets einer gewissen Menge Gluten ausgesetzt, ohne dass es ihnen geschadet hätte. In dieser Zeit ernährten sich die Menschen meist von Vollkorngetreide. Auch die Verwendung von Sauerteig beim Brotbacken hat einen positiven Effekt: Dort sind Mikroorganismen wie Hefe oder Milchsäurebakterien enthalten, die für einen Abbau des Klebers und anderen Reizstoffen im Darm sorgen. Auf diese Weise sind die Backwaren „bekömmlicher“. Seit der Industrialisierung und der Technisierung des Bäckerhandwerks kamen immer neuere Herstellungsmethoden zum Einsatz. Stark ausgemahlene Mehle haben einen höheren Glutenanteil als Vollkornmehle. Im Rahmen der neuen Produktion wird hauptsächlich ausgemahlenes Weizenmehl verwendet. Den Nahrungsmitteln werden sogar isolierte Klebereiweiße zugesetzt – zur Stabilisierung, Emulgierung und als Trägerstoff von Gewürzen, zum Beispiel bei Kartoffelchips. Aufgrund der backförderlichen Eigenschaften bemühte sich die Industrie in den letzten Jahren sogar noch den Anteil an Gluten beim Getreide weiter zu erhöhen. Eine erhöhte Aufnahme steht im Verdacht, Darmzellen und das Immunsystem zu schädigen. Außerdem kommt es vermehrt zu Entzündungen im Körper.
Glutenunverträglichkeit als Krankheit: die Zöliakie
Bei etwa 800.000 Menschen in Deutschland besteht ganz konkret eine Glutenunverträglichkeit bzw. eine Weizenallergie. Die sogenannte Zöliakie, eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, äußert sich in Form Beschwerden im Magen-Darm-Trakt und einem Nährstoffmangel. Letzterer entsteht durch die Rückbildung der Darmzotten, die weniger gut Vitamine und Mineralien aufnehmen können. Hinzu kommen allgemeine Symptome wie eine mögliche Niedergeschlagenheit, Gelenkschmerzen und Störungen des Wachstums bei Kindern. Im Allgemeinen fällt es aufgrund dessen logischerweise schwer, die Zöliakie ohne Anfangsverdacht genau zu diagnostizieren. Die Krankheit offenbart sich einmal unmittelbar nach der ersten Aufnahme von Nahrungsmitteln mit Getreideanteil. Später treten dann im Alter von 30-40 Jahren wieder verstärkte negative Reaktionen auf. Dank des technologischen Fortschritts sind die Wissenschaftler mittlerweile dazu in der Lage, entsprechende Diagnosen zu stellen: Mittels Blut- und Gewebeanalyse lässt sich die Zöliakie mittlerweile sehr gut feststellen. Das einzige wirklich effektive Mittel gegen diese Krankheit lautet, nach der Diagnose ausschließlich auf glutenfreie Rezepte zu setzen, um sich glutenfrei zu ernähren.
Glutenfrei ernähren: Der Kleber ist oft nicht das Hauptproblem
Macht es also Sinn, sich glutenfrei zu ernähren? Zur potenziellen Ehrenrettung des Klebers müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden. Gluten an sich ist tatsächlich nicht für jeden automatisch ungesund, vor allem nicht in moderaten Mengen. Immerhin gehört das Speicherprotein zu den Naturprodukten, die in fast jedem Getreide vorkommen – egal ob Roggen, Gerste oder Weizen. Problematisch im Hinblick auf die Gesundheit ist, wie bereits erwähnt, erst die industrielle Verarbeitung. Fast alle Lebensmittel, die überdurchschnittlich viel Gluten enthalten, zählen außerdem zu den stark verarbeiteten Produkten. So wird Weizen heutzutage beispielsweise überwiegend zu Weißmehl verarbeitet. Die Randschichten, die besonders viele Mineralstoffe und Vitamine enthalten, werden entfernt. Es entsteht ein Mehl, das hauptsächlich aus dem Mehlkörper besteht, der besonders viel Gluten enthält. Da hier Vitamine und Mikronährstoffe herausgefiltert wurden, besitzen diese Brotsorten einen viel geringeren Anteil an Vitaminen und Mineralstoffen. Aus diesem Grund profitieren auch viele Menschen von einer glutenfreien Ernährung, die selbst nicht an einer Zöliakie leiden. Sie nehmen durch die vermehrt unverarbeitete und glutenfreie Kost deutlich mehr Mikronährstoffe auf. Nach und nach fühlen sich die Betroffenen gesünder und fitter.
Glutenfreie Lebensmittel: Mit dem Mehl fängt es an
Wer die Entscheidung hin zu glutenfreier Ernährung getroffen hat, muss umdenken. Erst jetzt wird einem bewusst, wie viele Lebensmittel tatsächlich Gluten enthalten. Glücklicherweise stellen sich auch die Supermärkte verstärkt auf das erhöhte Bewusstsein der Bevölkerung ein, sodass Verbraucher dort viele kleberfreie Alternativen vorfinden. Als weitere nützliche Anlaufstellen gelten Naturkostläden, Reformhäuser und asiatische Märkte. Häufig ist jedoch Vorsicht beim Griff zu fertigen, glutenfreien Lebensmitteln geboten. Zuweilen enthalten sie viele synthetische Zutaten, wodurch die gesundheitlichen Vorteile in Sachen Nährstoffe komplett verschwinden würden. Es spricht also vieles dafür, auf die eigene Zubereitung zu setzen. Im ersten Schritt geht es sicherlich daran, das ursprüngliche Getreidemehl für die Rezepte auszutauschen. Eine Getreidemühle ist hierfür ein optimales Hilfsmittel, um glutenfreies Getreide frisch zu mahlen.
Folgende Vollkornmehle weisen nicht nur einen hohen Gehalt an Mikronährstoffen auf, sondern sind gleichzeitig auch noch frei vom Kleber:
- Braunes Reismehl
- Amarant Mehl
- Buchweizenmehl
- Hirsemehl
- Maismehl
- Quinoamehl
- Leinsamenmehl
- Lupinenmehl
- Hanfmehl
- Kichererbsenmehl
- Teffmehl
Glutenfrei backen geht am besten mit Mehlmischungen
Diese keinesfalls vollständige Liste ließe sich auf vielfältige Art und Weise ergänzen. Beim Backen ohne das Gluten besteht die zusätzliche Herausforderung, das Bindemittel glutenfrei zu ersetzen. Gluten hält bekanntermaßen den Teig zusammen und verhindert, dass dieser auseinanderläuft. Natürlich lassen sich aber Brote und Brötchen auch ohne den Kleber selbstständig herstellen – vorausgesetzt, entsprechende innovative Rezepte mit den passenden Zutaten sind bekannt. Würden die Hobby-Bäcker hingegen lediglich das neue Mehl durch das herkömmliche Weizenmehl ersetzen, sähe das Ergebnis im besten Falle nur unschön aus. Häufig sind die auf diese Weise veränderten Rezepte dann sogar ungenießbar. Folgende Zutaten bieten beim Backen ähnliche Eigenschaften wie das Klebereiweiß und können dem Teig hinzugegeben werden. Ihre Rezepte erhalten damit dann eine ähnlich gute Konsistenz:
- gequollene oder gemahlene Lebensmittel wie Flohsamen oder Flohsamenschalen
- Pfeilwurzelmehl
- Johannisbrotkernmehl
- Guarkernmehl
- Vollsojamehl
- Quark, Joghurt, geriebener Käse
- Butter und Öle
Spezielle glutenfreie Rezepte helfen zudem dabei, ein ausgezeichnetes Ergebnis beim Backen zu erzielen.
Beispiel zum Nachbacken: Ihr glutenfreies Rezept für Brötchen
Das folgende Rezept für Brötchen eignet sich für alle Menschen, die auf das Speicherprotein aus Weizen verzichten möchten. Die Zutaten reichen für etwa acht Portionen Brötchen:
- 100 Gramm Kartoffelmehl
- 200 Gramm Reismehl
- 100 Gramm Maisstärke
- 12 Gramm gemahlene Flohsamenschalen, alternativ lässt sich das erwähnte Johannisbrotkernmehl verwenden
- 1 Packung Backpulver
- 1 Gramm Natron
- 1 Teelöffel Salz
- 2 EL Apfelessig
- 400 Milliliter Wasser
- 50 Gramm Pflanzenmargarine
Hinzu kommen die Utensilien und Hilfsmittel:
- Ruhrschüssel
- Kleiner Topf
- Messbecher
- Backblech und Backpapier
- Rührgerät und Schneebesen
Im ersten Schritt müssen Sie alle trockenen Zutaten in der Schüssel mithilfe des Schneebesens oder des Rührgerätes vermischen. Danach schmelzen Sie die Pflanzenmargarine in einem kleinen Topf, um sie danach in ein Gefäß mit dem Wasser und dem Essig zu geben. Diese Komponenten werden nun nach und nach der festen Masse hinzugefügt. Den feuchten Teig lösen Sie nun unter Zuhilfenahme von etwas Reismehl aus der Schüssel. Im Anschluss daran platzieren Sie etwas acht große Teile auf eine mit Mehl bestreute Unterlage. Die gleichförmigen Kügelchen kommen in den vorgeheizten Backofen, bei 175 Grad Ober- und Unterhitze benötigen sie etwa 30 Minuten.
Weitere Rezepte zum Nachmachen: Glutenfreies Brot
Ein weiteres Rezept für glutenfreies Brot bringt mehr Variation auf den Frühstückstisch. Dieses Mal sieht die Liste folgendermaßen aus:
- Etwa 42 Gramm frische Hefe
- 200 Gramm Reismehl
- 300 Gramm Buchweißenmehl
- 1 Teelöffel Honig
- 75 Gramm Leinsamen
- 100 Gramm Kürbiskerne
- 4 EL Sonnenblumenöl
- 1 Teelöffel Essig
- Etwas Öl für die Backform
- 500 Milliliter Wasser
- Etwas Salz
Bei diesem Rezept für glutenfreies Brot starten Sie damit, etwa 500 Milliliter warmes Wasser in einer Schüssel zu geben. Hefe und Honig werden anschließend darin aufgelöst. Nun geben Sie die beiden Sorten Mehl, Leinsamen Kürbiskreise und etwas Salz zum Vermischen in eine Schüssel, Nun geben Sie das Ganze in das Hefewasser. Nach dem Hinzufügen von zwei Esslöffeln Essig und Öl können Sie alles noch einmal miteinander verkneten. Im nächsten Schritt fetten Sie eine Kastenform ein und geben den Teig des Brotes hinzu. Achten Sie zusätzlich darauf, die Oberfläche glatt zu streichen. Außerdem sollten Sie mit einem Messer über die gesamte Länge hinweg eine Einkerbung in den Teig einarbeiten. Für ein noch besseres Backergebnis empfiehlt es sich, in den Ofen ein hitzebeständiges Gefäß mit Wasser zu stellen. Auf dem Ofenrost im vorgeheizten Ofen backen Sie den Teig dann zunächst 10 Minuten bei 200 Grad Umluft, bevor Sie die Temperatur um etwa 25 Grad reduzieren und weitere 50 Minuten backen lassen. Schlussendlich müssen Sie das glutenfreie Brot nur noch aus dem Ofen nehmen.
Glutenfrei kochen: Was darf noch in den Topf?
Auch beim Kochen ergeben sich für Menschen, die auf Gluten verzichten möchten, kleinere Einschränkungen bzw. Veränderungen bei der Auswahl von Lebensmitteln. Glücklicherweise finden sich eine Vielzahl gutschmeckender Alternativen zu Broten, Pasta und Co. Reis, Amaranth, Quinoa und Mais beispielsweise liefern kraftspendende Kohlenhydrate und wertvolle Vitamine, ganz ohne Gluten. Beim Kochen dürfen unter anderem folgende, möglichst unverarbeitete Lebensmittel mit in den Topf:
- Obst und Gemüse
- Kartoffeln
- Nüsse
- Kräuter
- Eier
- Zucker und Honig
- Milchprodukte
- Fleisch und Fisch
Die Lagerung und Verarbeitung der einzelnen Produkte darf natürlich ebenfalls nicht auf die leichte Schulter genommen werden: besonders dann, wenn andere Personen in einem Haushalt leben, die sich glutenhaltig ernähren. Töpfe, in denen zuvor getreidehaltige Speisen zubereitet wurden benötigen eine gründliche Reinigung. Typisches Beispiel ist hier ein paniertes Schnitzel Die Zubereitung von glutenhaltigen und befreiten Nudeln erfolgt notwendigerweise in zwei verschiedenen Töpfen. Selbst die Kochlöffel sollten Sie austauschen, denn der Kleber setzt sich am liebsten an rauen Oberflächen fest. Aufkleber und farbliche Unterschiede bei den Kochutensilien helfen dabei, dies entsprechend zu kennzeichnen.
Beispielhafte Rezepte: glutenfreie Spinat-Ricotta Ravioli
Wie wäre es beispielsweise mit diesem Spinat-Ricotta Ravioli als leckeres Gericht ganz ohne den Kleber? Für den Teig benötigt es folgende Komponenten:
- 200 Gramm Reismehl
- 2 Eier
- 1 Prise Salz
- 1 Teelöffel Olivenöl
Für die Füllung:
- 100 Gramm Ricotta
- 100 Gramm gekochter Spinat
- Salz und Pfeffer
Auch für dieses Rezept vermischen Sie alle Teigzutaten und kneten Ihn anschließend so lange, bis er nicht mehr bröselig ist. Nach einer Ruhezeit von etwa 30 Minuten rollen Sie den Teig auf einer leicht mit Mehl bedeckten Arbeitsfläche aus. Daraufhin stechen Sie kleine Kreise aus. In die Mitte des Kreises kommen nun etwas Ricotta und der gewürzte Spinat. Nun müssen Sie das Ganze nur noch zuklappen und mit einer Gabel zudrücken. Zu diesen selbstgemachten Ravioli, die etwas sieben Minuten im Topf gekocht werden sollten, schmecken zum Beispiel Pesto und Parmesan hervorragend.
Fazit: Glutenfrei ernähren macht Sinn
Tatsächlich zeigte die anfängliche Betrachtung, dass eine glutenfreie Ernährung nicht nur für Betroffene mit einer Unverträglichkeit Sinn machen könnte. Allein aufgrund des höheren Gehalts an Mikronährstoffen und weniger unverarbeiteten Lebensmitteln profitieren gesundheitsbewusste Genießer von Gerichten ohne das Klebereiweiß Sowohl beim Backen als auch beim Kochen ist eine Umstellung mit einigen Kniffen problemlos möglich, sofern Sie die entsprechenden Alternativen kennen. Abwechslungsreiche Rezepte animieren zum Selbermachen und sind dabei zum Teil deutlich gesünder und preiswerter als fertige, glutenfreie Alternativen aus dem Supermarkt. Es lohnt sich also, dem Ganzen eine Chance zu geben!